Weniger neue Mastställe im Emsland?

Quelle Lingener Tagespost mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Meppen. Das deutsche Baurecht ist kompliziert. Eine seiner Sonderregelungen hat dazu geführt, dass Landwirte viele Ställe bauen konnten. Im Emsland ließ sich diese Entwicklung bekanntermaßen kaum noch steuern –der Unmut in Teilen der Bevölkerung ist stark gestiegen. Nun aber ist das Baugesetzbuch geändert worden. Über die Auswirkungen hat der Experte Axel Priebs im Meppener Kolpinghaus referiert.

Foto: Tobias Böckermann
Professor Dr. Axel Priebs 1. Regionalrat der Region Hannover und Dezernent für Umwelt Planung und Bauen in Hannover

Priebs ist Dezernent für Umwelt, Planung und Bauen in Hannover und Honorarprofessor an der Universität Kiel. Er hat regelmäßig mit Anträgen für Stallbauten zu tun, weshalb die Meppener SPD ihren Parteifreund als Referenten eingeladen hatte.

SPD-Kreisvorsitzende Andrea Kötter und die Bundestagskandidatin Daniela de Ridder freuten sich über rund 100 Menschen, die wissen wollten, was sich im Baurecht getan hat. Für viele hatte Axel Priebs aber eine Enttäuschung im Gepäck: Nur ein einziger Paragraf des Bundesbaugesetzes sei geändert worden, was am Druck der Landwirtelobby aber auch am Widerstand anderer Bundesländer gelegen habe.

Aber der Reihe nach. Das Baugesetzbuch regelt bundesweit unter anderem den Bau von Mastställen im sogenannten Außenbereich, also außerhalb der Ortschaften. Normalerweise soll dieser nicht bebaut werden, aber es gibt Ausnahmen, eeben für Ställe oder auch für Windräder.

Landwirte haben einen Anspruch auf eine Baugenehmigung für den Fall, dass sie beim Bau eines Maststalles alle Auflagen erfüllen, was bis vor kurzem relativ problemlos möglich war. Diese sogenannte Privilegierung hat es den Kommunen fast unmöglich gemacht, den Bau von immer neuen Mastställen räumlich zu planen.
 

Wo ist die Grenze?

Unterschieden wird nach Angaben von Axel Priebs zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Tiermastanlagen. Vereinfacht bedeutet dies, dass landwirtschaftliche Tierhaltungen theoretisch in der Lage sein müssen, die Hälfte des benötigten Viehfutters auf eigenen Flächen anzubauen. Kaufen können sie es woanders, es muss nicht tatsächlich selbst produziert werden.

Nur Betriebe mit viel eigener oder gepachteter Fläche können große Mastställe in diesem Sinne landwirtschaftlich betreiben. Wer zu wenig Fläche besitzt, muss dies gewerblich tun, was unter anderem steuerliche Folgen hat. In der Regel sind die bisher gewerblich betriebenen Mastställe große bis sehr große Anlagen.

Die Novellierung des Baugesetzbuches bringt nun folgende Änderung: Gewerbliche Stallbauvorhaben, und nur diese, können ab einer bestimmten Größe nur noch dann gebaut werden, wenn die zuständige Gemeinde oder Stadt zuvor dafür einen Bebauungsplan aufstellt. Diesen müssen die Räte beschließen. Wollen sie das nicht, hat der Landwirt nicht mehr wie bisher einen Anspruch auf Genehmigung.

Axel Priebs betonte, die Änderung des Gesetzes lasse die landwirtschaftlichen Bauvorhaben unberührt. In der Praxis dürfte es im Emsland aber nach Einschätzung von Experten dennoch kaum noch neue landwirtschaftliche Ställe im Sinne des Gesetzes gebaut werden. Dafür fehlen schlicht die Flächen (wir berichteten) .

Priebs ging in seinen Ausführungen auf verschiedene andere Steuerungsmöglichkeiten ein, die im Emsland zum Teil schon genutzt würden. Vor allem die Stadt Meppen sei sehr kreativ dabei gewesen, über Flächennutzungspläne und eine zwingend notwendige „Positivplanung“ wenigstens in Teilbereichen des Stadtgebietes steuernd einzugreifen.

Diese Einschätzung teilten einige der Zuhörer allerdings nicht. Vor allem Vertreter der „Bürgerinitiative gegen Legehennen“ vom Meppener Feldkamp, die sich gegen den Bau von Legehennenställen in direkter Nähe des Wohngebietes ausspricht, hielten die Bemühungen der Stadtverwaltung für unzureichend und sahen Interessen und Gesundheit der Bürger in Gefahr.

Zahlreiche weitere strittige Bauvorhaben aus dem Emsland wurden dem Referenten vorgetragen mit der Bitte um eine Einschätzung – Axel Priebs bat um Verständnis, dies ohne Akteneinsicht weder zu wollen noch zu können. Allerdings stellte er fest: „Nur ein Bauchgrummeln, sei es auch noch so berechtigt, reicht nicht, um Ställe zu verhindern. Behörden müssen nach Recht und Gesetz entscheiden, und wenn alle Instanzen alle Belange nach geltendem Kenntnisstand geprüft haben und keinen Ablehnungsgrund finden, muss genehmigt werden.“

„Europaweit ansetzen“

Was aber Stand der Wissenschaft ist, was schädlich und was nicht, darüber wurde eifrig diskutiert. Für den SPD-Politiker Priebs stand fest: „Wer grundsätzliche Änderungen in der Agrarpolitik will, muss nicht bei den Kommunen, sondern bei der EU ansetzen und sowohl Landwirte als auch Verbraucher mit ins Boot nehmen.“